Eine alte Lehrerfamilie.

(Von B. Blensdorf, Eiserfeld)

Wir wissen und hören oder lesen so gern, wie es lange vor uns in grauer Vorzeit in unserem Hause oder an unserem Wohnorte ausgesehen hat; was für Freuden oder Leiden unsere Voreltern genossen oder getragen haben; welche Veränderungen in langen Zeiträumen bis auf uns in den uns teuren Umgebungen vorgegangen sind; wie und wodurch alles sich so gestaltet und geordnet habe, daß unsere Lage, unsere Verhältnisse so und nicht anders bestimmt wurden. Bekümmern wir uns doch jetzt sehr angelegentlich um die Westküste Afrikas; warum sollten wir nicht fragen und forschen oder wiedererzählen, wie es gekommen, daß ein und dieselbe Lehrerfamilie fast zwei Jahrhunderte in einem Dorfe in Segen gewirkt hat? - Die Familie, von der ich nun berichten will, heißt Dahlhoff und die Gemeinde heißt Dinker, bei Soest.

Der erste Dahlhoff, von dem uns die Kirchenbücher der Gemeinde Dinker berichten, hieß mit Vornamen Goswin; er war Küster und zugleich Mitlehrer, d.h. es lag ihm die Pflicht ob, den Vikar beim Unterrichte der Kinder zu unterstützen. Er wurde am 21. März 1696 gewählt und bei seiner Wahl festgesetzt, daß in Zukunft die Oberprovisoren nebst dem Pastor und den Kirchenmeistern die Küsterwahl haben sollten. Er war geboren 1670 und starb, nachdem er von 1700 bis 1731 sein Amt bekleidet, am 16. November 1734. Sein Sohn Johann Heinrich Dahlhoff, der am 6. März 1704 geboren war, bekleidete dieses Amt von 1731 bis 1759 und starb 1764 am 17. Dezember. Ihm wurde die Organistenstelle übertragen, die seitdem mit der Küsterstelle verbunden geblieben ist. Ihm folgte sein Sohn Johann Diedrich Dahlhoff, geboren am 25. Dezember 1735, welcher in der ganzen Umgegend als ein in seinen Berufsfächern äußerst geschickter Mann bekannt war. Er schrieb eine hübsche Handschrift, war ein tüchtiger Rechner, hatte eine vorzügliche Gabe zum Unterrichten und führte in der Schule ein ziemlich scharfes Regiment. Dann rühmt man auch noch seine musikalischen Talente. Er zeichnete sich nicht nur im Orgelspiel aus, sondern er war auch ein guter Klavier- und Violinspieler. Seine Stimme war so klangvoll wie eine Glocke, und wenn der Gesang in der Kirche nicht so recht hat gehen wollen, dann hat er die Orgel stehen lassen und mit seiner ungewöhnlich starken Stimme den Gesang geleitet.

Dieser wackere Mann war am 31. Mai 1759 zum Küster, Kantor und Organisten erwählt worden und hat bis 1800, also 41 Jahre in seinem Amte treu und fleißig gewirkt. Um diese Zeit wurde er von einem Schlagflusse gerührt; er konnte nun seine Amtsgeschäfte nicht mehr verrichten und lebte noch bis zum 9. März 1804.

Wilhelm Dahlhoff, jüngster Sohn des vorigen, geboren am 30. Juli 1781, hatte schon während seiner Militärzeit in Hamm, in den Jahren 1800 und 1801, des Sonntags die Dienstgeschäfte des alten kranken Vaters zur Zufriedenheit der Gemeinde wahrgenommen und wurde 1802 zum Nachfolger seines Vaters ernannt. Treu und gewissenhaft in seinem Berufe, wirkte er unermüdet in Kirche und Schule bis kurze Zeit vor seinem Tode. Er bildete mit großer Mühe Sängerchöre heran, um den Kirchengesang zu heben, und nicht selten wurde ihm zur Aufmunterung in seinem Wirken die höchste Anerkennung von seiner vorgesetzten Behörde zuteil. In wahrhaft erhebender Weise wurde 1850 am 16. Mai sein fünfzigjähriges Amtsjubelfest gefeiert.

Mit dem Schlusse des Jahres 1853 fingen die Kräfte des Greises an allmählich zu schwinden, und schon am 7. Febr. 1854 entschlief er ruhig und sanft auf dem Sessel, mit welchem die Gemeinde ihn zu seinem Jubiläum beschenkt hatte. Beinahe 54 Jahre hat er in der Gemeinde Dinker gewirkt, und sein Wirken ist nicht vergeblich gewesen.

Ihm folgte sein jüngster Sohn Friedrich Dahlhoff. Derselbe wurde am 20. Febr. 1825 geboren. Sein Vater hat ihn bis zu seinem 15. Lebensjahre unterrichtet, und da auch er Lehrer werden wollte, so wurde seine Vorbildung fürs Seminar seinem Bruder Wilhelm Dahlhoff, Lehrer zu Welver, übertragen. Dieser letztere wurde zum Nachfolger des berühmten Seminarlehrers Engelhardt zu Soest ernannt. Friedrich Dahlhoff wurde nach gut bestandener Seminarzeit im Jahre 1845 von der Gemeinde Dinker zum Hülfslehrer an die Schule seines Vaters berufen und blieb in dieser Stellung bis 1854 thätig. Schon vier Jahre früher wurde er von der Gemeinde einstimmig zum Nachfolger seines Vaters erwählt.

Vom Tode seines Vaters an bis zum 10. Febr. 1885 hat er in reichem Segen dort als Lehrer, Organist und Küster gewirkt. Er war wie alle seine Vorgänger ungemein fleißig und pünktlich. Nie ging er unvorbereitet in die Schule, und daß er sich gründlich vorbereitete, davon zeugen eine Menge geschriebener Bücher, welche durchgehends nur schriftliche Präparationen, Stundenpläne, spezielle Lehrpläne und dergl. enthalten. Morgens, sowie er wach wurde, stand er auf und, so bald er aus dem Schlafzimmer trat begann er auf einem stummen Pedal seine Übungen. Hatte er diese Übungen etwa eine halbe Stunde gepflegt begann sein eigentliches Tagewerk. Er war hoch geachtet als Lehrer, aber weit berühmt als vorzüglicher Orgelspieler und Orgelrevisor. Vor etwa zwei Jahren wurde er vom Schlagflusse gerührt, und eine Lähmung der Hand blieb zurück. Damit war dem thätigen Manne der Lebensnerv unterbunden und wurde sein Lebensende rasch herbeigeführt. Sein Nachfolger wurde seines Bruders Sohn. Dieser Bruder hieß Karl Dahlhoff und war Lehrer in Holzhausen, Kreis Siegen. Friedrich Dahlhoff, der jetzige Inhaber der ersten Lehrerstelle zu Dinker wurde am 10. Mai dieses Jahres daselbst eingeführt. - Meinem lieben Freunde und Kollegen Dahlhoff, wünsche ich in seiner neuen, oder darf ich sagen, eigentlichen Heimat Gottes reichsten Segen.

 

Quelle:
Rheinischer Schulmann; 3
Rheinischer Schulmann: evangelische Zeitschrift für Erziehung und Unterricht in Schule und Haus
Dokumenttyp: Fortlaufendes Sammelwerk
Erschienen: Neuwied [u.a.], 1885
Heft 7
Seiten 306, 307